Thesen zu Schulgeschichtsbüchern

Thesenhaft und bruchstückhaft formuliert, könnten die Grundannahmen zu den Geschichtsbüchern etwa folgendermaßen lauten, wobei allerdings zu beachten ist, dass im historischen Kontext der eine oder andere Punkt unterschiedlich dominant kann.

  1. Schulgeschichtsbücher werden auf der Grundlage kirchlicher, später überwiegend staatlicher Vorstellungen oder Vorgaben erstellt (Lehrpläne, Erlasse Verordnungen Anweisungen). Um Schwierigkeiten verschiedener Art aus dem Wege zu gehen, bemühen sich die Autoren und die Verlage, den Vorgaben weitgehend zu entsprechen. Daran hat sich bis zur Gegenwart wenig geändert.
  2. Schulgeschichtsbücher unterliegen einer staatlichen Zensur. Es gibt zwar im Laufe der Zeit wechselnde Zuständigkeiten, z.B. von einer kirchlichen zu einer staatlichen Schulaufsicht, doch im Kern bleibt ein wie auch immer geartetes Genehmigungs- und Ausschlussverfahren.
  3. Schulgeschichtsbücher sind Produkte von Autoren und Verlagen, wobei – im Einzelnen differenziert – sowohl Konzepte der Bildungsvermittlung als auch finanzielle Interessen eine Rolle spielen. Das hat neben dem Inhalt Auswirkungen auf die Gestaltung der Bücher, die Auflagenhöhe, die Nutzungsdauer und den Preis.  
  4. Schulgeschichtsbücher enthalten sowohl interessengeleitete Geschichtskonstruktionen als auch entsprechende Lernszenarien, wobei in der Regel weder die Interessen der „Konstrukteure“ noch ihre Perspektiven thematisiert werden. Häufig verbreiten die Bücher den Nimbus der Objektivität.  
  5. Schulgeschichtsbücher bringen den Wandel geschichtswissenschaftlicher, pädagogischer und didaktischer Theorien und Erkenntnisse zum Ausdruck, bringen diesen aber in der Regel nicht selbst zur Sprache, so dass der Wandel nur über Schulbuchvergleiche sichtbar gemacht werden kann.
  6. Schulgeschichtsbücher sind Bestandteil der Bildungs- und Erziehungspolitik, wobei ideologische, weltanschauliche und politische Haltungen transportiert werden, ohne diese hinreichend oder überhaupt kenntlich zu machen So bleiben vielfach Ziele und Absichten verborgen.
  7. Schulgeschichtsbücher stellen Geschichte adressatenbezogen dar; denn die Darstellungen richten sich an junge Menschen eines bestimmten Alters bzw. schulischen Jahrgangs, einer  bestimmten Schulform, einer Konfession, eines Geschlechts und das alles in einer konkret- historischen, politischen und gesellschaftlichen Konstellation.
  8. Schulgeschichtsbücher richten sich überwiegend nur indirekt an die Schüler- und Schülerinnen, weil die Bücher meist der Vermittlung durch die Lehrkräfte bedürfen, die diese Bücher einführen und im Zusammenhang mit didaktischen Konzepten für unterrichtliche Zwecke gezielt nutzen.
  9. Schulgeschichtsbücher sagen wenig über den tatsächlichen Geschichtsunterricht aus und über die Wirkung der Quellen und Darstellungen.  Die Frage, was tatsächlich im Unterricht eine Rolle gespielt hat und auch die Frage, was bei den Adressaten „hängengeblieben“ ist, lässt sich mit dem Schulgeschichtsbuch allein nicht beantworten.
  10. Schulgeschichtsbücher transportieren nicht nur Bildungsgut, sie sind über die Lehrkräfte auch verknüpft mit Lehr- und Lernformen und darüber hinaus mit Erziehungszielen und Erziehungsmethoden. Aufschlussreich können unter diesen Aspekten der Buchtitel, der Einband, das Vorwort, die sprachliche Gestaltung, das Bildmaterial und besonders auch die Aufgabenstellungen sein.

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